ANA-Stufendiagnostik

Die Stufendiagnostik im Rahmen der Abklärung einer Autoimmunerkrankung beginnt mit der Bestimmung von Autoantikörpern (AAK) gegen Zellkerne auch ANA (anti-nukleäre Antikörper) genannt.
Das ANA-Screening wird mittels Immunfluoreszenztest (IFT) auf Objektträgern mit fixierten Zellen (HEp-2-Zellen und Affenleberzellen) durchgeführt. Lokalisation und Muster der Fluoreszenz deuten auf die Spezifität der vorliegenden Autoantikörper hin. Das Immunfluoreszenzmuster ist meist typisch, jedoch nicht spezifisch, da ähnliche Muster bei zahlreichen AAK mit oft unbekannten Antigenen vorkommen. Manchmal überlappen sich mehrere Fluoreszenzmuster (z.B. wird ein gesprenkeltes Muster häufig von einem homogenen Muster überdeckt).
Bei positivem Screeningtest sollten weitere Untersuchungen zur genauen Bestimmung der AAK-Spezifität folgen. Nur die weitere Differenzierung ermöglicht die Einordnung des Befundes im Rahmen der klinischen Fragestellung.

Wichtigste Fluoreszenzmuster und die mit ihnen assoziierten Autoantikörper sind in den Tabellen 1 und 2 dargestellt.

Tabelle 1: AAK gegen Kernantigene

Fluoreszenzmuster Antikörper gegen:Antikörper gegen:
homogen, positive Färbung der Chromosomen im Mitosestadium dsDNS, Histone und Nukleosomen 
gesprenkelt, negative Färbung der Chromosomen im Mitosestadium  SS-A, SS-B, U1-RNP, Sm; Ku und Mi-2 
nukleolär, negative Färbung der Chromosomen im Mitosestadium  Fibrillarin, Pm-Scl, NOR-90, RNAP und To/Th 
nukleolär + homogen, positive Färbung der Chromosomen im Mitosestadium  Scl-70
Sprenkelung in den Interphasekernen und im kondensierten Chromosomen-Material der mitotischen Zellen  Zentromere 
nukleäre Tupfen (dots)  Sp100 
Kernmembran  Lamin, gp210 
pleomorph  PCNA 

Bei gesprenkeltem und wegen der Gefahr der Überdeckung auch bei homogenem Fluoreszenzmuster der ANA müssen weitere Teste zur bestimmung von Antikörpern gegen ENA (extrahierbare nukleäre Antigene) durchgeführt werden.
Bei der Bestimmung von ENA-AAK werden die Seren im ersten Analyseschritt mit einem Screening-EIA untersucht. Diese EIA-Riegel sind mit einem Antigenpool aus folgenden Antigenen beschichtet: SS-A (Ro60 und Ro52), SS-B, U1-RNP, RNP70, Sm, Scl-70, Jo1 und Centromere B. Bei positivem Ergebnis erfolgt die Differenzierung der AAK-Spezifität mittels Einzelantigen-EIA.
Bei positiver Färbung der Chromosomen im Mitosestadium müssen zusätzlich zu Antikörpern gegen ENA noch Antikörper gegen dsDNS, Histone und Nukleosomen mittels ELISA bestimmt werden.
Alle nukleolären AAK gelten als Marker für die Sklerodermie und deren Overlap-Phänomene und bedürfen deshalb nicht zwingend einer weiteren Differenzierung.
Der Immunfluoreszenztests auf Objektträgern mit fixierten HEp-2-Zellen ermöglicht neben der Bestimmung von AAK gegen Kernantigene auch den Nachweis von AAK gegen Zytoplasmabestandteile.

Tabelle 2: AAK gegen zytoplasmatische Antigene

Fluoreszenzmuster Antikörper gegen: 
Feingesprenkelt  Ribosomen, Jo-1 und andere Synthetasen
Grobgesprenkelt  Mitochondrien 
Filamentös  Aktin, Myosin und andere Mikrofilamente 

Bei feiner granulärer Fluoreszenz des Zytoplasmas müssen ELISA-Teste zum Nachweis von AAK gegen Ribosomen und Jo-1 durchgeführt werden.
Grobgesprenkelte Muster deuten auf antimitochondriale AAK (AMA) hin.
Eine filamentöse Fluoreszenz ist für AAK gegen glatte Muskulatur (SMA) typisch. Diese AAK-Spezifitäten müssen zusätzlich durch IFTs auf Organschnitten bestätigt werden.

Ab welchem ANA-Titer ist eine weitere Stufendiagnostik sinnvoll?

Die Wahrscheinlichkeit eines positiven dsDNS- oder ENA-Nachweises hängt von der Höhe des ANA-Titers ab (Tabelle 3). Eine weitere Stufendiagnostik nach einem positiven ANA-Screening sollte daher in der Regel ab einem ANA-Titer von 1:320 durchgeführt werden. Bei anhaltendem Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung kann die Bestimmung der dsDNS- und ENA-AAK schon ab einem Titer von 1:80 versucht werden. Bei schwangeren Frauen sollte der ENA-ELISA auch bei negativem ANA-Test durchgeführt werden, um das Vorliegen von SS-A-AAK auszuschließen.

Tabelle 3: Prozentanteil der positiven Nachweise für dsDNS-AAK und ENA-AAK, bezogen auf die Anzahl der Gesamtuntersuchungen (Phadia EliA, Daten Labor Prof. G. Enders)

ANA-Titer dsDNS-positive Seren (%)  ENA-positive Seren (%) 
<1:80  0,6  2,7 
1:80 – 1:160  3,0  4,8 
>=1:320  26,1  37,8 

Wie sind ANA-Befunde zu interpretieren?

Der Nachweis von dsDNS-AAK und ENA-AAK ist hochspezifisch für eine Autoimmunerkrankung [Conrad 2006, Kavanaugh 2000]. Mit bestimmten Krankheitsbildern assoziierte Autoantikörperprofile sind in der Tabelle “Autoimmundiagnostik nach Leitsymptomen und Krankeitsbildern” und im Laborprogramm zu finden

Leider können nicht alle positiven Immunfluoreszenz-Befunde mit hohem ANA-Titer mittels ELISA oder Immunoblot weiter differenziert werden, da zahlreiche Antigene noch nicht bekannt sind. Unsere eigene, mehrjährige Erfahrung hat gezeigt, dass in Seren mit ANA-Titer von>= 1:320 in ca. 20-30 % ds-DNS-AAK ind in ca. 30-40 % ENA-AAK nachgewiesen werden.

AAK in hohen Titern, die in dsDNS- und ENA-ELISA negativ sind, weisen auf eine Erkrankung hin, bei der es sich jedoch nicht zwingend um eine Kollagenose handeln muss. Diese AAK werden auch im Rahmen anderer Erkrankungen und bei klinisch Gesunden gefunden [Vaile 2000]. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass hohe ANA-Titer schon vor Auftreten einer SLE-typischen Symptomatik nachgewiesen werden können [Arbuckle 2003].

Niedrige ANA-Titer (1:80 bis 1:320) kommen häufig auch bei Gesunden vor (bis zu 30 %) [Craig 1999,  Tan 1997]. Andererseits schließt ein niedriger AAK-Titer bzw. ein negativer Befund eine Autoimmunerkrankung nicht gänzlich aus (1-5 % der SLE Patienten sind ANA-negativ). Die erhobenen Laborergebnisse sollen deshalb immer nur im Zusammenhang mit dem klinischen Bild beurteilt werden.

Verantwortlich für den Inhalt:
Dr. med. Friedemann Tewald (0711-6357-119)
Stand 11/2019