Parasitologie

Zerkarie (Gabelschwanzlarve) von Schistosoma mansoni
Zerkarie (Gabelschwanzlarve) von Schistosoma mansoni (c) Dr. Marion Gohl © Labor Enders

Unter Parasiten im eigentlichen Sinne versteht man eukaryonte Organismen, die zeitweise oder ständig, ganz oder zum Teil auf Kosten eines anderen Organismus, des sog. Wirtes leben. Parasiten werden in zwei Gruppen eingeteilt: Endoparasiten leben in inneren Organen des Wirtes. Sie sind im Wesentlichen durch Protozoen sowie durch Helminthen vertreten. In wenigen Fällen handelt es sich um Arthropoden (Gliederfüßer). Ektoparasiten leben auf oder in der Haut des Wirtes. Sie gehören von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Blutegel) zur Gruppe der Arthropoden (Gliederfüßer). Labordiagnostisch interessant sind vor allem die Endoparasiten. Folgende Parasiten werden im Labor Enders mikroskopisch, molekularbiologisch oder serologisch untersucht:

  • Entamoeba histolytica
  • Babesia microti/ divergens
  • Echinococcus granulosus/ multilocularis
  • Fasciola hepatica
  • Filarien
  • Gardia lamblia
  • Cryptosporidium parvum/ hominis
  • Leishmania spp.
  • Plasmodium spp.
  • Nematoden spp.
  • Schistosoma spp.
  • Taenia sp.
  • Toxocara canis/ cati
  • Toxoplasma gondii
  • Trichinella spiralis
  • Trichomonas vaginalis

Entamoeba histolytica

Die Infektion ist vor allem in warmen Ländern verbreitet und erfolgt fast ausschließlich durch Ingestion von Zysten über fäkal kontaminiertes Material. Dies führt zu asymptomatischen Verläufen mit Zystenausscheidung, invasiven Verläufen in Form einer Amöbenkolitis und zu hämatogenen Streuungen am häufigsten in die Leber. Die Zeit zwischen Infektion und Auftreten von Symptomen beträgt Tage bis mehrere Jahre.
Bei intestinaler Amöbiasis treten meist nur leichte gastrointestinale Beschwerden wie Druckgefühl, ziehender Schmerz und Übelkeit, meist jedoch kein Fieber auf. Auftreten von schwerem Krankheitsgefühl mit Fieber sind Anzeichen einer Ausbreitung über den Darm hinaus (Peritonitis, Leberabszess).

Diagnose: In erster Linie mikroskopischer Nachweis von Zysten, ggf. auch Trophozoiten im Stuhl sowie Nachweis von Amöbenantigen in Stuhlproben mittels ELISA. Das empfindlichste allerdings auch aufwendigste Verfahren stellt die PCR dar. Für invasive Infektionen, vor allem bei extraintestinalem Befall, ist die Serodiagnostik die Methode der Wahl.

Babesia microti / divergens

Babesien gehören wie die Malariaerreger zu den Protozoen, die Übertragung erfolgt durch zecken. Die Erkrankungen in Europa sind meist durch B. divergens, in Amerika durch B. microti bedingt. Die Inkubationszeit beträgt 1-4 Wochen. Sekundärinfektionen durch Bluttransfusionen kommen vor (teils fluminante Verläufe!). Auch nach klinischer Ausheilung kann über Monate bis Jahre eine Parasitämie bestehen.

Echinococcus granulosus / multilocularis

Der Hundebandwurm (E. granulosus) ist weltweit verbreitet. Der Fuchsbandwurm (E. multilocularis) kommt nur auf der nördlichen Hemisphäre vor. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral durch die Aufnahme der mit dem Kot von Hund bzw. Fuchs ausgeschiedenen Bandwurmeier (direkter Kontakt mit durch Fäkalreste verunreinigten Tieren, Verzehr von kontaminierten Waldfrüchten oder Fallobst, Aufnahme eierhaltigen Staubs).

Der Hundebandwurm ist der Erreger der zystischen Echinokokkose, die durch abgegrenzt wachsendes zystenbildendes Larvengewebe charakterisiert ist. Das Larvengewebe von E. multilocularis wächst dagegen schwammartig, maligne infiltrierend. Der Parasit entwickelt sich primär ganz überwiegend in der Leber.
Bei Menschen ist der Nachweis von Bandwurmeiern nicht indiziert, da Adultwürmer nur in den Endwirten Hund und Fuchs vorkommen. Die Labordiagnose wird daher in erster Linie serologisch durch den Nachweis spezifischer Antikörper oder direkt durch den molekularbiologischen Nachweis Echinococcus-spezifischer DNS im Zystenaspirat gestellt.

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Fragen zur Echinokokkose

Fasciola hepatica

Der große Leberegel kommt weltweit bei Pflanzenfressern wie Rindern und Schafen vor, in Deutschland seltener, verbreiteter in Frankreich. Die Infektion erfolgt über die Aufnahme der Saugwurm-Larven (Metazerkarien) mit Salat, Kresse u.a.. Nach einer Inkubationszeit von 2-6 Wochen treten Symptome wie Perihepatitis, Cholangitis oder Cholezystitis auf.

Die Diagnose beruht in erster Linie auf dem Nachweis von Wurmeiern im Stuhl. Die Serologie hat ihren Stellenwert vor allem während der Präpatenzzeit, in der noch keine Eier ausgeschieden werden, bei schwachen und älteren Infektionen, bei denen der Einachweis schwierig bzw. nicht mehr möglich ist.

Filarien

Filarien sind fadendünne Würmer, die im Gewebe von Tier und Mensch leben. Sie bilden Larven, die sog. Mikrofilarien, die entweder im Blut zirkulieren oder in der Haut wandern. Sie werden von blutsaugenden Arthropoden aufgenommen, in denen sie sich zu infektiösen Larven entwickeln. Bei den beim Menschen verursachten Filariosen unterscheidet man 3 Gruppen:

  • Lymphatische Filariosen: Wuchereria bancrofti, Brugia malayi, Brugia timori
  • Hautfilariosen: Onchocerca volvulus, Mansonella streptocerca
  • Loiasis: Loa Loa

Die Lymphatischen Filariosen kommen mit verschiedenen Arten weltweit in tropischen Regionen vor, die Onchozerkose ist auf Afrika und Südamerika beschränkt, die Loiasis kommt nur in Zentralafrika vor. Die Übertragung der infektiösen Larven erfolgt durch verschiedene Arten blutsaugender Arthropoden: Stechmücken (Culicidae), Bremsen (Tabanidae), Kriebelmücken (Simuliidae), Gnitzen (Culicoides spec.).

Bei den lymphatischen Filariosen leben die Adultwürmer in den Lymphgefäßen und verursachen rezidivierende Lymphangitiden, die zu Lymphödemen und im Extremfall zu Elepfantiasis führen können. Bei den Hautfilariosen wandern die Mikrofilarien in der Haut und führen hier zu Dermatitiden mit starkem Juckreiz. Später kommt es zu Hautatrophien und Depigmentierungen. Bei der Onchozerkose besteht die folgenschwerste Komplikation in einer Erblindung (Flussblindheit), verursacht durch die durch das Auge wandernden Mikrofilarien. Die Loiasis ist durch im Unterhautbindegewebe wandernde Adultwürmer charakterisiert. Am Sitz der Würmer bilden sich flüchtige juckende Schwellungen (Kalabarschwellungen), bei Wanderung durch die Augenbindehaut werden die Würmer direkt sichtbar.

Die Verdachtsdiagnose erfolgt i.d.R. auf serologischem Wege. Die Antikörper treten jedoch u.U. stark verzögert erst nach Monaten auf (Reaktion auf Häutungsflüssigkeiten). Eine Artdiagnostik ist nicht möglich, hohe Titer weisen jedoch auf einen Gewebs-Nematoden-Befall hin. Mikrofilarien treten erst nach Monaten bis über einem Jahr auf. Bei Bewohnern nicht endemischer Gebiete (Touristen!) unterbleibt die Mikrofilarämie meist ganz.

Giardia lamblia

Die Lambliasis ist weltweit verbreitet und wird durch den Flagellaten Giradia lamblia hervorgerufen. Die Infektion erfolgt durch orale Aufnahme von mit Zysten kontaminierten Nahrungsmitteln oder Trinkwaser. Auch Fliegen können als Vektoren Lamblien-Zysten übertragen. Nach einer Inkubationszeit von 3-21 Tagen kann es zu Übelkeit, krampfartigen Bauchschmerzen, Flatulenz und wässrigen nicht-blutigen Durchfällen kommen.

Die Diagnose erfolgt in erster Linie über den mikroskopischen Nachweis von Zysten bzw. Trophozoiten aus Stuhl oder Duodenalsaft. Neben dem direkten Erregernachweis wird zur Steigerung der Sensitivität noch ein Lamblien-Antigennachweis (ELISA) durchgeführt.

Cryptosporidium parvum/ hominis

Die beiden Haupterreger der Kryptosporidiose kommen weltweit vor. Die Infektion erfolgt durch Übertragung infektiöser Oozysten oral i.d.R. über fäkal kontaminiertes Trink- oder Badewasser. Häufig betroffen sind vor allem Kleinkinder bis 7 Jahre und immunsupprimierte Personen. Kryptosporidiosen treten gehäuft in den Sommermonaten auf. Nach einer Inkubationszeit von 1-30 Tagen kommt es zu nicht-blutigen Durchfällen verbunden mit Übelkeit, Erbrechen und krampfartigen Bauchschmerzen.

Diagnose: Sie erfolgt in erster Linie über den mikroskopischen Nachweis von Oozysten aus Stuhl. Neben dem direkten Erregernachweis wird zur Steigerung der Sensitivität zusätzlich noch ein Kryptosporidien-Antigennachweis (ELISA) durchgeführt.

Leishmania spp.

Leishmanien kommen vor allem in trocken-heißen Klimazonen der alten und neuen Welt vor. Die Erreger werden durch einen Stich von infizierten Schmetterlingsmücken (Phlebotomen) übertragen. Als Erregerreservoir dienen v.a. verschiedene Nager, im Mittelmeerraum Hunde (Zoonose). In Abhängigkeit von Leishmanien-Art und Immunstatus des Wirtes kommt es zu unterschiedlichen Verlaufsformen:

  • viszerale Leishmaniose (Kala Azar)
  • kutane Leishmaniose (Orientbeule)
  • mukokutane Leishmaniose (Espundia)

Bei der viszeralen Leishmaniose kommt es zur Hepatosplenomegalie, Lymphadenopathien, Anämie, Leukopenie, Thrombopenien und zu interkurrenten Infekten. Die kutane Leischmaniose zeichnet sich durch trockene oder feuchte nur langsam abheilende Ulzera aus. Bei der mukokutanen Leishmaniose kommt es zur Bildung von Ulzera im Haut-Schleimhautbereich mit entstellenden Gewebszerstörungen.

Diagnose: Die viszerale Leishmaniose geht mit hohen Antikörper-Titern einher. Bei kutaner und mukokutaner Leishmaniose sind Antikörper i.d. R. nur bei größeren Läsionen messbar. Der mikroskopische Nachweis erfolgt bei viszeraler Leishmaniose aus dem Knochenmark, bei kutaner und mukokutaner Leishmaniose aus den Gewebsläsionen, u.U. nach Kultur in Insektenmedien. Für den Nachweis mittels PCR eignen sich Blut sowie Bioptate aus Gewebsläsionen.

Plasmodium spp.

Weltweit treten in den Tropen und Subtropen (Ausnahme: Australien) 5 humanpathogene Arten auf, die durch Stechmücken (Anopheles) übertragen werden. Es handelt sich um die bedeutendste importierte Tropenkrankheit in Europa. Die Inkubationszeit beträgt i.d.R. 8-12 Tage.

  • P. falciparum (Malaria tropica)
  • P. vivax
  • P. ovale (Malaria tertiana)
  • P. malariae (Malaria quartana)
  • P. knowlesi

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Nematoden (Darmnematoden)

Folgende Spezies zählen zu den Darmnematoden:

  • Ascaris (Spulwurm)
  • Trichuris (Peitschenwurm)
  • Enterobius (Madenwurm)
  • Ancylostoma und Necator (Hakenwürmer)
  • Strongyloides (Zwergfadenwurm)
  • Trichostrongylus

Madenwürmer, Spulwürmer und Peitschenwürmer sind weltweit verbreitet, Hakenwürmer, Zwergfadenwürmer und Trichostrongylus kommen in subtropischen und tropischen Gebieten vor.

Die Infektionen kommen durch orale Aufnahme von embryonierten Eiern (Ascaris, Trichuris, Enterobius) oder Larven (Trichostrongylus) zustande, bei Hakenwürmern und Strongyloides dringen infektiöse Larvenstadien durch die Haut in den Menschen ein.

Klinische Erscheinungen in Form von allgemeinen gastrointestinalen Symptomen treten i.d.R. nur bei großer Parasitenzahl auf.

Die Methode der Wahl ist die Untersuchung von Stuhlproben auf Wurmeier bzw. Larven. Serologische Verfahren sind nur bei Darmnematoden mit einer Herz-Lungen-Wanderung (Ascaris, Hakenwürmer, Strongyloises) ausreichend sensitiv. Wegen starker Kreuzreaktionen ist eine Art-Diagnostik auf serologischem Weg nicht möglich, es ist nur ein Befall mit Nematoden nachweisbar.

Schistosoma spp.

Die Erreger der Bilharziose (Saugwürmer, Trematoda) sind mit verschiedenen Arten in tropischen Ländern verbreitet. Die Zahl der Infizierten beträgt weltweit ca. 300 Millionen.

Die Infektion erfolgt beim Waten oder Baden in Süßgewässern durch Penetration der Parasitenlarven (Zerkarien) durch die intakte Haut. Die Adultwürmer sitzen in den Venen von Darm bzw. Blase, die Eiablage beginnt nach 5-10 Wochen (Präpatenz).

Bei der Darmbilharziose finden sich Blutbeimengungen im Stuhl, Dalmulzerationen oder Colonpolypen. Die Blasenbilharziose geht einher mit Hämaturie und Proteinurie.

Die Diagnose beruht in erster Linie auf dem Nachweis der Eier im Stuhl bzw. im Urin. Die Serologie hat ihren Stellenwert insbesondere während der Präpatenzzeit, in der noch keine Eier ausgeschieden werden und bei schwachen oder älteren Infektionen, bei denen ein Einachweis schwierig bzw. nicht mehr möglich ist.

Taenia spp.

Der Rinder- bzw. Schweinebandwurm tritt weltweit auf, abhängig von der Form der Rinder- bzw. Schweinehaltung. Die Infektion erfolgt durch orale Aufnahme von Finnen (Zystizerken) in rohem oder ungenügend gegartem Fleisch, was zum Auftreten adulter Bandwürmer im Darm des Menschen führt.

Meist tritt keine klinische Symptomatik auf oder es kommt zu unspezifischen Beschwerden wie Gewichtsverlust, Diarrhoe und/oder Obstipation, Pruritus ani oder “Hungerschmerz”. Im ZNS können die Zysten das Krankheitsbild der Neurozystizerkose auslösen.

Es erfolgt ein mikroskopischer Nachweis der im Stuhl befindlichen Proglottiden bzw. Eier, eine Artdiagnostik ist anhand der Ei-Morphologie nicht möglich.

Toxocara canis/ cati

Die Übertragung des weltweit verbreiteten Spulwurms erfolgt durch orale Aufnahme der Wurmeier, direkt vom Tier oder indirekt z.B. durch Erde (Sandkasten), betroffen sind v.a. Kinder. Beim Menschen entwickeln sich keine adulten Würmer, es entstehen lediglich Larven, die bis zu einem Jahr durch das Gewebe wandern können (Larva migrans visceralis).

Häufiger als angenommen kommt es zu länger anhaltenden Störungen des Allgemeinbefindens mit unklaren Schmerzen, Anorexie, Hepatomegalie und Fieber. Typisch ist auch eine Lungenbeteiligung mit Husten und asthmatischen Beschwerden. Bei Befall des ZNS kommt es zu einer disseminierten Enzephalitis, als Komplikation kann eine diffuse subakute Neuroretinitis hinzukommen, die typischerweise nur an einem Auge auftritt.

Der Nachweis der Toxocarose ist nur auf serologischem Weg möglich.

Toxoplasma gondii

Informationen zur Toxoplasmose

Trichinella spiralis

Die Infektion des weltweit vorkommenden Erregers erfolgt über die Aufnahme eingekapselter Larven über ungenügend erhitztes Fleisch (meist vom Schwein). Seit Einführung der Fleischbeschau sind Erkrankungen durch Trichinella spiralis in Deurschland sehr selten geworden.

Während der Darmphase tritt eine Gastroenteritis mit Erbrechen und Durchfall auf. Nach dem Muskelbefall kommt es zu Muskelschmerzen, Ödemen, einer Eosinophilie. Die chronische Phase ist gekennzeichnet durch eine Myokarditis bzw. Enzephalitis.

Der mikroskopische Larvennachweis ist heute obsolet, die Labor-Diagnose erfolgt nur noch auf serologischem Weg.

Trichomonas vaginalis

Dieser weltweit auftretende Parasit des Urogenitalbereiches wird nur durch direkten Schleimhautkontakt von Mensch zu Mensch übertragen, so dass es sich um eine sexuell übertragbare Erkrankung handelt.

Beim Mann handelt es sich häufig um eine asymptomatische Infektion, bei Frauen zeigt sich ein weißlich schaumiger vaginaler Flor, Brennen beim Wasserlassen und Harndrang.

Fachinformationen

Ansprechpartner:

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Dr. med. Friedemann Tewald

Facharzt für Laboratoriumsmedizin
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Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Kimmig

Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Fachparasitologe
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Dr. rer. physiol. Marion Gohl

Diplom-Humanbiologin