Antineutrophile cytoplasmatische Antikörper (ANCA) spielen eine bedeutende Rolle in der Diagnostik von systemischen Vaskulitiden und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.
Sie werden zum Teil auch bei Erkrankungen der Leber und des rheumatischen Formenkreises so wie bei medikamentös induzierten Vaskulatiden und Infektionen beobachtet [Reviews: Erwig 2010, Radice 2005 und Hoffman 1998].
Immunfluorezenztest
Der Nachweis von ANCA erfolgt durch den indirekten Immunfluoreszenztest (IFT) auf alkohol-fixierten humanen Granulozyten. Die p-ANCA sind in der Immunfluoreszenz nur schwer von Antikörpern gegen Zellkerne (ANA) zu unterscheiden. Um das Vorliegen von erhöhten ANA auszuschließen wird als weiteres Substrat Primatenleber eingesetzt. ANA erkennt man durch Fluoreszenz der Zellkerne der Hepatozyten. ANCA reagieren nur mit den in Sinusoiden enthaltenen Granulozyten. Zwei verschiedene Fluoreszenzmuster werden auf Granulozyten aufgrund des Zielantigentyps, dessen Ladung und Verteilung, beobachtet: ANCA reagieren entweder mit cytoplasmatischen (c-ANCA) oder perinukleären Antigenen (p-ANCA). Besteht ein Mischbild aus c- und p-ANCA, wird auch von atypischen p-ANCA oder x-ANCA gesprochen. Auf dem vierten Internationalen ANCA-Workshop im Mai 1992 wurde aber entschieden, diese x-ANCA-Fluoreszenzmuster nicht gleichberechtigt neben die c- und p-ANCA-Muster zu stellen, sondern sie weiterhin zu den p-ANCA zu zählen [Gross 1993].
Entsprechend der Nomenklatur der internationalen Konsensus-Erklärung zur ANCA-Untersuchung und -Befunderstellung werden vier Fluoreszenzmuster unterschieden [Savige 1999]:
- c-ANCA für cytoplasmatische Fluoreszenz
- atypische c-ANCA für andere cytoplasmatische Fluorezenzmuster (z. B. homogen)
- p-ANCA für perinukleäre Fluoreszenz oder “Granulozyten-spezifische nukleäre Fluoreszenz”
- e p-ANCA für andere Fluoreszenzmuster (z. B. ein Mischbild aus p- und c-ANCA)
EIA (Enzymimmunoassay)
Das Hauptantigen für c-ANCA ist die Proteinase 3 (PR3). P-ANCA sind vorrangig gegen Myeloperoxidase (MPO) gerichtet. In seltenen Fällen können PR3-positive Seren eine p-ANCA-typische Fluoreszenz verursachen. Einem positiven ANCA-Befund im IFT muss unbedingt die Bestimmung der AK-Spezifität mittels PR3- und/oder MPO-EIA folgen, da diese Autoantikörper für die Diagnose und Verlaufskontrolle der Vaskulitiden, vor allem der Wegenersche Granulomatose, der mikroskopischen Polyarteriitis und des Churg-Strauss-Syndrom, wichtig sind. Der IFT ist sensitiver als der EIA [Trevisin 2008]. Obwohl wir in unserem Labor einen sensitiven “capture” PR3-ELiA verwenden [Villalta 2004, Damoiseaux 2005], konnten wir in c-ANCA-positiven Seren PR3-AAK erst ab einem Titer von 1:20 nachweisen. Das gleiche gilt für MPO-AAK. Außer MPO konnten Elastase, Kathepsin G, Laktoferrin, Lysozym und BPI (permeability-increasing protein) als weitere Zielantigene für p-ANCA identifiziert werden. Diese Antikörperspezifitäten können ebenfalls mittels EIA bestimmt werden. Die genaue p-ANCA-Spezifität hat aber keine klinische Relevanz. Zum Beispiel wurden bei Patienten mit Colitis ulcerosa p-ANCA gegen BPI, Kathepsin, Elastase, Lactoferrin und selten MPO beschrieben [Folwaczny 1998]. Bei bis zu 50 % aller ANCA-positiven Seren bleibt das Zielantigen unklar.
Hochtitrige antinukleäre Antikörper (ANA) in der Patientenprobe erschweren die Diagnostik von p-ANCA, da die ANA-Fluoreszenz das Fluorezenzmuster der p-ANCA maskiert. In einem solchen Fall ist der Ausschluss von p-ANCA nur mittels des oben genannten EIA möglich.
Krankheitsassoziationen mit ANCA
Fluoreszenzmuster: cANCA (Antigen: PR3)
Krankheit | Prävalenz |
Wegenersche Granulomatose | 90 % |
Mikroskopische Polyarteriitis | 45 % |
Churg-Strauss-Syndrom | 10 % |