T-SPOT.TB: Immunologischer Tuberkulosetest

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist jede dritte Person weltweit mit Mycobacterium tuberculosis (M. tuberculosis), dem Erreger der Tuberkulose (TB), infiziert. Für diese Personen besteht ein Risiko von ca. 5 – 20%, im Laufe ihres Lebens an einer TB zu erkranken [1].

Für die Diagnose der latenten Tuberkulose stand jahrzehntelang nur der Tuberkulin-Hauttest (THT) zur Verfügung. Die Unzulänglichkeiten des THT in der Diagnostik der TB sind durch die lange Erfahrung mit diesem Testsystem gut bekannt. Seit 2005 sind als Alternativen zum THT Blutteste verfügbar, die aufgrund ihrer Funktionsweise als Interferon-gamma release assays (IGRAs) bezeichnet werden. Werden mit diesen IGRAs TB-spezifische T-Lymphozyten im Blut nachgewiesen, dann spricht dies für eine latente oder aktive Infektion mit M. tuberculosis beim Patienten.

In unserem Labor verwenden wir den T-SPOT.TB Test der Firma Oxford Immunotec, der nach unseren Erfahrungen sehr zuverlässig ist und die höchste Sensitivität der verfügbaren IGRAs aufweist [2]. Die IGRAs ersetzen inzwischen weitgehend den THT, ihr Stellenwert und die Einsatzmöglichkeiten sind ausführlich in den deutschen Leitlinien zur TB-Diagnostik bei Kindern und Erwachsenen beschrieben [3,4]. Die umfangreichen Studien zeigen für den T-SPOT.TB Test eine deutlich höhere Spezifität und Sensitivität im Vergleich zum THT [5–7].

Vorteile des T-SPOT.TB Tests gegenüber dem THT
– Der Test wird durch eine frühere BCG-Impfung nicht beeinflußt.
– Das Testergebnis ist nach einem Tag erhältlich.
– Nur einmaliger Praxisbesuch des Patienten zur Blutabnahme ist notwendig.
– Infektionen mit den meisten nichttuberkulösen Mykobakterien beeinflussen den T-SPOT.TB Test nicht.
– Subjektive Einflüsse, die bei der Bewertung des Hauttests eine Rolle spielen können, treten bei dem standardisierten Testverfahren nicht auf.
– Eine ausführliche TB-Anamnese, die für die Beurteilung des Tuberkulin-Hauttests notwendig sein kann, wird für die Bewertung des T-SPOT.TB Tests nicht benötigt.
– Hohe Reproduzierbarkeit des Tests bei wiederholten Testungen [8,9].
– Der Test ist auch bei Patienten mit Immunschwäche (z.B. HIV) einsetzbar [10].

Labormethode
Nachgewiesen werden die M. tuberculosis-spezifischen T-Zellen im peripheren Blut. Spezifische Antigene von M. tuberculosis führen zu einer Aktivierung der Effektor-T-Lymphozyten, die Interferon-γ bilden und mittels ELISPOT-Technologie nachgewiesen werden. Die Spezifität und Sensitivität dieses Testsystems sind mit ca. >98 % bzw. >90 % sehr hoch, dies konnten wir mit eigenen Untersuchungen in unserem Labor bestätigen [11].

Einsatzmöglichkeiten
Der Test eignet sich besonders, wenn eine Infektion mit M. tuberculosis ausgeschlossen werden soll:
– Abklärung einer tuberkulösen Infektion nach Kontakt mit offener TB, z.B. im Rahmen von Umgebungsuntersuchungen.
– Untersuchung von Personen mit erhöhtem TB-Risiko, z.B. HIV-infizierte Personen, immunsupprimierten Personen, Personen aus TB Risikogebieten.
– Nachweis bzw. Ausschluß einer latenten TB vor einer immunsuppressiven Therapie, z.B. bei Einsatz von TNF-alpha hemmenden Substanzen zur Rheumatherapie.
– Screening von Mitarbeitern im Gesundheitswesen auf eine latente TB.
– Ausschluß einer latenten TB bei Auslandsaufenthalt, wird z.B. oft vor Studium in den USA gefordert.
– Nach positivem THT zum Ausschluß einer Kreuzreaktion mit nichttuberkulösen Mykobakterien oder früherer BCG-Impfung.
– Bei negativem THT und klinischem Verdacht auf eine TB (THT Anergie).
– Als Zusatzinformation bei klinischem Verdacht auf eine aktive TB.

Zeitpunkt der Testung
Nach einem TB-Kontakt zeigt der THT frühestens nach 2 Wochen und spätestens nach 8 Wochen eine Infektion mit M. tuberculosis an. Auch für den T-SPOT.TB Test sind diese Zeitpunkte für den Nachweis einer Infektion anzunehmen.
Bei der aktiven TB ist die mikrobiologische und klinische Diagnostik weiterhin vorrangig gegenüber dem T-SPOT.TB Test [12,13]. Da der direkte Erregernachweis bei der Lungen-TB und der extrapulmonalen TB oft nicht möglich ist, kann in diesen Fällen ein positives T-SPOT.TB Ergebnis zur Diagnose der TB beitragen [14].

Weitere Einsatzgebiete für den T-SPOT.TB
Der Test benötigt peripheres Blut, er kann jedoch auch aus anderen Materialien durchgeführt werden. Bei Verdacht auf eine tuberkulöse Pleuritis kann Pleurapunktat im T-SPOT.TB Test eingesetzt werden. Bei einem positiven Ergebnis wird in unserem Labor zusätzlich die Stärke der TB-spezifischen Immunantwort bestimmt. Liegt im Pleurapunktat eine deutlich stärkere Immunantwort vor im Vergleich zum peripheren Blut, so spricht dies für eine Anreicherung TB-spezifischer T-Zellen am Ort der Infektion und somit für eine tuberkulöse Pleuritis. Damit kann die Diagnostik der tuberkulösen Pleuritis deutlich verbessert werden, insbesondere da der Erregernachweis bei dieser Infektion nur in ca. der Hälfe der Fälle möglich ist [15,16]. Auch aus weiteren Materialien wie Perikardpunktat, bronchoalveoläre Lavage und Liquor ist der T-SPOT.TB Test möglich.

Testergebnisse des T-SPOT.TB
Die folgenden vier Testergebnisse sind möglich:

Negativ:
M. tuberculosis-spezifische T-Lymphozyten sind nicht nachweisbar. Zurzeit kein Hinweis auf eine Infektion mit M. tuberculosis. Da mit dem Test ca. 5-10% der Patienten mit TB nicht erkannt werden, ist mit dem alleinigen Testergebnis ein sicherer Ausschluß einer TB nicht möglich.

Positiv:
Dies spricht für eine latente oder aktive Infektion mit M. tuberculosis. Bei positivem Testergebnis wird zusätzlich auf dem Befund die Anzahl der gemessenen ESAT-6 und CFP-10-spezifischen T-Zellen angegeben. Die Angabe dieser Zellen ist eine Zusatzinformation und kann nicht zur Unterscheidung von latenter TB und aktiver TB verwendet werden.

Grenzwertig:
Nach Stimulation mit M. tuberculosis-spezifischen Peptiden liegt die Anzahl der erregerspezifischen T-Zellen am cutoff des Tests, das Testergebnis ist als grenzwertig zu beurteilen. Aufgrund dieses Ergebnisses kann eine Infektion mit M. tuberculosis nicht ausgeschlossen werden. Grenzwertige Ergebnisse treten in unserem Labor bei ca. 3% der Teste auf. Eine Wiederholung des Tests im Abstand von 2-3 Wochen zeigt in den meisten Fällen ein eindeutiges Ergebnis.

Nicht auswertbar:
Dieses Ergebnis tritt auf, wenn in den Kontrollansätzen des Tests keine ausreichende Stimulation der Lymphozyten möglich ist oder eine zu starke unspezifische Stimulation der Lymphozyten vorliegt. Nicht auswertbare Ergebnisse treten in unserem Labor in ca. 3% der Teste auf. Ursachen können in einer unzureichenden Präanalytik liegen (zu lange Transportzeiten, zu hohe oder niedrige Transporttemperaturen). Auch bei akuter Erkrankung des Patienten mit aktiviertem oder geschwächtem zellulären Immunsystem kann der Test nicht auswertbar ausfallen. Bei einer Wiederholung des Tests nach 2-3 Wochen ist eine Auswertung in den meisten Fällen möglich.

Einschränkungen
Der T-SPOT.TB Test aus dem peripheren Blut weist eine tuberkulöse Infektion beim Patienten nach. Der Test kann aber nicht zwischen einer aktiven TB und der latenten TB unterscheiden. Zwar ist die Stärke der TB-Immunantwort bei aktiver TB meist stärker im Vergleich zur latenten Infektion, jedoch ist dieser Unterschied nicht ausreichend für eine zuverlässige Unterscheidung [17].
Die IGRAs erlauben keinen Rückschluß auf den Zeitpunkt der tuberkulösen Infektion. Die Infektion kann wenige Wochen zurückliegen, aber auch schon vor Jahrzehnten erfolgt sein.
Bei Vorliegen einer latenten tuberkulösen Infektion geben die IGRAs keine Aussage über das Risiko, an einer aktiven TB zu erkranken. Zwar zeigten erkrankte Personen eine starke TB-spezifische Immunantwort im vorangegangenen IGRA, doch lässt sich diese Beobachtung nicht für eine sichere Prognose des Erkrankungsrisikos einsetzen [18].
Eine Therapiekontrolle der TB ist mit den IGRAs nicht möglich. Die Stärke der Immunantwort nimmt während und nach einer Therapie ab, jedoch korreliert dies nicht mit einem Therapieerfolg [19,20]. Nach erfolgreicher TB-Therapie zeigen die IGRAs bei den meisten Patienten weiterhin ein positives Ergebnis [21,22].

Untersuchungsmaterial
Für den T-SPOT.TB Test benötigen wir eine Monovette mit 7,5 ml frischem Heparinblut, bei Kindern sind 5 ml ausreichend, bei Kleinkindern 2-3 ml. Bitte nur kommerzielle Heparinröhrchen verwenden, diese können auf Anforderung kostenfrei von unserem Labor bezogen werden.
Das Material sollte spätestens am Tag nach der Blutentnahme in unserem Labor eintreffen. Der Probentransport erfolgt bei Raumtemperatur. Die Untersuchung wird an jedem Werktag in unserem Labor durchgeführt. Bei erstmaliger Einsendung für diesen Test sowie bei Zusendung anderer Materialien (Pleurapunktat, BAL, Perikardpunktat, Liquor) wird eine telefonische Voranmeldung erbeten (Dr. Meier, 0711/6357-131).
Aus Serum, EDTA-Blut, Urin, Speichel und Sputum ist der Test nicht möglich.

Abrechnung
Für die Indikation und Abrechnung des Tests gelten die Ziffern 32670 und 50112 des EBM. Die Ausnahmeindikationsziffer 32006 (meldepflichtige Erkrankungen) kann angegeben werden. Die Kosten für selbstzahlende Patienten betragen 82,77 € pro Test.


Literatur:

1.         Vynnycky E, Fine PE. Lifetime risks, incubation period, and serial interval of tuberculosis. Am. J. Epidemiol. 2000 1;152:247–63. doi: 10.1093/aje/152.3.247

2.         Pai M, Zwerling A, Menzies D. Systematic review: T-cell-based assays for the diagnosis of latent tuberculosis infection: an update. Ann.Intern.Med 2008;149:177–84.

3.         Feiterna-Sperling C, Brinkmann F, Adamczick C, Ahrens F, Barker M, Berger C, et al. [Consensus-Based Guidelines for Diagnosis, Prevention and Treatment of Tuberculosis in Children and Adolescents – A Guideline on Behalf of the German Society for Pediatric Infectious Diseases (DGPI)]. Pneumologie 2017;71:629–80. doi: 10.1055/s-0043-116545

4.         Schaberg T, Bauer T, Brinkmann F, Diel R, Feiterna-Sperling C, Haas W, et al. [Tuberculosis Guideline for Adults – Guideline for Diagnosis and Treatment of Tuberculosis including LTBI Testing and Treatment of the German Central Committee (DZK) and the German Respiratory Society (DGP)]. Pneumologie 2017;71:325–97. doi: 10.1055/s-0043-105954

5.         Diel R, Loddenkemper R, Nienhaus A. Evidence-based comparison of commercial interferon-gamma release assays for detecting active TB: a metaanalysis. Chest 2010;137:952–68. doi: 10.1378/chest.09-2350

6.         Sester M, Sotgiu G, Lange C, Giehl C, Girardi E, Migliori GB, et al. Interferon-γ release assays for the diagnosis of active tuberculosis: a systematic review and meta-analysis. Eur. Respir. J. 2011;37:100–11. doi: 10.1183/09031936.00114810

7.         Lange C, Mandalakas AM, Kalsdorf B, Denkinger CM, Sester M. Clinical Application of Interferon-γ Release Assays for the Prevention of Tuberculosis in Countries with Low Incidence. Pathog Immun 2016;1:308–29. doi: 10.20411/pai.v1i2.173

8.         King TC, Upfal M, Gottlieb A, Adamo P, Bernacki E, Kadlecek CP, et al. T-SPOT.TB Interferon-γ Release Assay Performance in Healthcare Worker Screening at Nineteen U.S. Hospitals. Am. J. Respir. Crit. Care Med. 2015 1;192:367–73. doi: 10.1164/rccm.201501-0199OC

9.         Meier T, Enders M. High reproducibility of the interferon-gamma release assay T-SPOT.TB in serial testing. Eur. J. Clin. Microbiol. Infect. Dis. 2021 1;40:85–93. doi: 10.1007/s10096-020-03997-3

10.       Dheda K, Lalvani A, Miller RF, Scott G, Booth H, Johnson MA, et al. Performance of a T-cell-based diagnostic test for tuberculosis infection in HIV-infected individuals is independent of CD4 cell count. AIDS 2005 18;19:2038–41.

11.       Meier T, Eulenbruch H-P, Wrighton-Smith P, Enders G, Regnath T. Sensitivity of a new commercial enzyme-linked immunospot assay (T SPOT-TB) for diagnosis of tuberculosis in clinical practice. Eur. J. Clin. Microbiol. Infect. Dis. 2005;24:529–36. doi: 10.1007/s10096-005-1377-8

12.       Kalsdorf B, Strassburg A, Greinert U, Lotz J, Lange C. [Clinical features and diagnosis of tuberculosis]. Pneumologie 2008;62:284–94.

13.       Lange C, Mori T. Advances in the diagnosis of tuberculosis. Respirology 2010;15:220–40. doi: 10.1111/j.1440-1843.2009.01692.x

14.       Kim SH, Song KH, Choi SJ, Kim HB, Kim NJ, Oh MD, et al. Diagnostic usefulness of a T-cell-based assay for extrapulmonary tuberculosis in immunocompromised patients. Am J Med 2009;122:189–95.

15.       Valdés L, Ferreiro L, Cruz-Ferro E, González-Barcala FJ, Gude F, Ursúa MI, et al. Recent epidemiological trends in tuberculous pleural effusion in Galicia, Spain. Eur. J. Intern. Med. 2012;23:727–32. doi: 10.1016/j.ejim.2012.06.014

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18.       Diel R, Loddenkemper R, Meywald-Walter K, Niemann S, Nienhaus A. Predictive value of a whole blood IFN-gamma assay for the development of active tuberculosis disease after recent infection with Mycobacterium tuberculosis. Am J Respir.Crit Care Med 2008 15;177:1164–70.

19.       Kobashi Y, Mouri K, Yagi S, Obase Y, Miyashita N, Oka M. Transitional changes in T-cell responses to Mycobacterium tuberculosis-specific antigens during treatment. J. Infect. 2009;58:197–204. doi: 10.1016/j.jinf.2008.08.009

20.       Dominguez J, Souza-Galvao M, Ruiz-Manzano J, Latorre I, Prat C, Lacoma A, et al. T-cell responses to the Mycobacterium tuberculosis-specific antigens in active tuberculosis patients at the beginning, during, and after antituberculosis treatment. Diagn Microbiol.Infect Dis 2009;63:43–51.

21.       Bosshard V, Roux-Lombard P, Perneger T, Metzger M, Vivien R, Rochat T, et al. Do results of the T-SPOT.TB interferon-gamma release assay change after treatment of tuberculosis? Respir.Med 2009;103:30–4.

22.       Clifford V, He Y, Zufferey C, Connell T, Curtis N. Interferon gamma release assays for monitoring the response to treatment for tuberculosis: A systematic review. Tuberculosis (Edinb) 2015;95:639–50. doi: 10.1016/j.tube.2015.07.002