Nicht-invasive Bestimmung des kindlichen RhD-Faktors aus dem mütterlichen Blut

Jeder RhD-negativen Schwangeren mit einer Einlings­schwanger­schaft wird zukünftig die Be­stim­mung des fetalen Rhesusfaktors aus mütter­lichem Blut als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen ermöglicht (BAnz AT 23.11.2020 B31) auf Basis des IQWiG-Berichtes Nr. 607 2.

Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in der Blutgruppenbestimmung, der Pränatal­diagnostik und unserer Expertise bei immunhämatologischen Fragen in der Schwanger­schaft werden wir diese nicht-invasive Bestimmung des fetalen RHD-Faktors, die wir seit 2019 als Selbstzahlerleistung anbieten, auch als Kassenleistung durchführen.

Bie Bestimmung dieses Parameters ist ab dem 01.07.2021 eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen KBV-Praxisnachrichten.

Durch die Untersuchung kann laut Richtlinie Hämotherapie 3: bei RhD-negativen Feten die RhD-Prophylaxe in der 28. – 30. SSW entfallen ( „Eine Anti-D-Prophylaxe bei der Schwangeren ist nicht notwendig, wenn der Fetus mit einem validierten Verfahren RhD-negativ bestimmt wurde. Nach der Geburt ist das Merkmal RhD, vorzugsweise aus Nabelschnurblut, zu bestimmen.“).

Bei der Anforderung des fetalen RHD-Faktors sind folgende Gesichtspunkte zu beachten:

Bestimmung des fetalen RHD aus mütterlichem Blut:

Material
  • Nur EDTA-Monovette® 7,5 ml, ersatzweise 10 ml EDTA-Vacutainer®

  • separate Abnahme nur für die Bestimmung des fetalen RHD
Materialeingang
  • die Probe muss spätestens 5 Tage nach Abnahme im Labor eintreffen
Aufklärung nach GenDG
  • Arztvorbehalt

  • fachgebundene genetische Beratung (72-Stunden Curriculum) bzw. vergleichbare Anerkennungen i. R. der Übergangslösung nach Inkrafttreten des GenDG
ZeitpunktAb SSW 11+0, optimal ab SSW 19+0
SensitivitätAlle SSW 99,93% (95% CI 99,61% - 99,99%)
SSW 11-19 99,91% (95% CI 99,50% – 99,98%)
SpezifitätAlle SSW 99,61% (95% CI 98,86% - 99,87%)
SSW 11-19 99,51% (95% CI 98,57% – 99,83%)
Falsch negative Befunde<0,5 ‰

Quelle der statistischen Zahlen: Legler 20214

Hintergrund

Bei Rhesus-negativen Europäerinnen beträgt die Frequenz RhD-negativer Feten ca. 40 %, die Frequenz RhD-positiver Feten entsprechend ca. 60 %. Das bedeutet, dass durch die nicht-invasive fetale Testung auf RHD in etwa 40 % dieser Schwangerschaften die Anti-D-Immunglobulin-Prophylaxe entfallen kann.

Abnahme
  • Das Röhrchen muss mit Vorname, Nachname und Geburtsdatum beschriftet werden, ansonsten ist keine Bearbeitung möglich.
  • Der Barcode allein ist nicht ausreichend.
  • Der Abstand zwischen Blutentnahme und Eingang im Labor darf max. 5 Tage betragen.
  • Die Probe muss weder zentrifugiert noch gekühlt werden. Gefrorene Proben können nicht bearbeitet werden.
  • Eine Aufklärung und Einwilligungserklärung der Schwangeren zur Durchführung der Untersuchung nach dem Gendiagnostikgesetz ist erforderlich.
    • Hierzu ist für den aufklärenden Arzt die „fachgebundene genetische Beratung“ (72-Stunden Curriculum) bzw. vergleichbare Anerkennungen i. R. der Übergangslösung nach Inkrafttreten des GenDG Voraussetzung.
  • Die Untersuchung ist frühestens ab der SSW 11+0 möglich, optimal >SSW 19.
    • Wir benötigen hierfür 7,5 ml EDTA-Blut (nur in 7,5 ml EDTA-Monovetten®, ersatzweise 10 ml EDTA-Vacutainer®), aus dem keine sonstigen Untersuchungen angefordert werden können.
    • 2,7 ml-EDTA-Monovetten® / 3 ml Vacutainer® sind ungeeignet, da sie umgefüllt werden müssen, wodurch das Risiko einer Kontamination deutlich erhöht wird.

Empfehlungen für die Inhalte des Aufklärungsgespräches

Bei der Aufklärung gemäß Gendiagnostikgesetz (vorgeburtliche genetische Analyse) sollte insbesondere besprochen werden, dass – wie bei allen Laboruntersuchungen – falsch-positive und falsch-negative Befunde möglich sind und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Hierzu sei auch der Artikel „Änderungen der Mutterschafts-Richtlinien“ Schulze5 sowie die KBV-Praxisinfo und auch die “Anmerkungen zu den neuen Mutterschafts- Richtlinien zur nicht-invasiven pränatalen Rhesus-Faktor-Bestimmung (NIPT RhD)”6 empfohlen.

  • Für unseren Test für die Detektion des RHD-Gens beträgt
    • Die Sensitivität für alle SSW 99,93 %,
    • die Spezifität für alle SSW 99,61 %.
  • Betrachtet man nur die Proben, die vor der SSW 20 entnommen wurden, beträgt
    • die Sensitivität 99,91 %
    • die Spezifität 99,51 % (95% CI s. Tabelle).

Die Vorgaben des Bundesministeriums für Gesundheit (BAnz AT 23.11.2020 B3) hinsichtlich Sensitivität (mindestens 99 %) und Spezifität (mindestens 98 %) werden dabei von unserem Testverfahren mehr als erfüllt.

Eine Bestimmung der Antigene der Rhesusformel (CcEe) oder anderer Blutgruppeneigenschaften des Feten ist mit diesem Test nicht möglich.

Falsch-positive Befunde

Falsch-positive Befunde sind insbesondere durch sog. stumme Allele möglich. Bei manchen Allelen – es sind über 100 Allele von RHD beschrieben – kann ein positiver DNA-Nachweis auf das fetale RHD-Gen erfolgen, obwohl aufgrund von Mutationen im RHD-Gen kein Blutgruppenantigen exprimiert wird (bei RhD-negativen Europäern tritt dies sehr selten auf, da hier im Regelfall das komplette RHD-Gen deletiert ist). Typische Ursachen für eine solche Diskrepanz (auf DNA-Ebene RHD-positiver Genotyp, serologisch RhD-negativer Phänotyp) sind Mutationen an sog. Spleißstellen (engl. splice sites, die Grenzen der Exons und Introns), die die phänotypische Ausbildung eines normalen RhD- Proteins verhindern und zu einem serologisch negativen Rhesus D-Status führen. In einer molekularbiologischen Analyse, in der diese Mutationen an den Spleißstellen nicht erkannt werden, führt das zu einem genotypisch positiven Ergebnis.

Ebenso werden in seltenen Fällen manche partial D oder weak D serologisch RhD-negativ typisiert, die auf DNA-Ebene mit unserem Testverfahren nachgewiesen werden und einen phänotypisch „falsch-positiven“ Befund zur Folge haben.

Ein falsch-positiver Befund führt jedoch nur dazu, dass eine Rh-Prophylaxe unnötig verabreicht wird. Diese Rh-Prophyhlaxe wäre ohne diese pränatale Testung ohnehin gegeben worden.

Falsch-negative Befunde

Falsch-negative Befunde sind beispielsweise durch eine zu geringe Konzentration freier fetaler DNA im maternalen Blut möglich. Die Literatur beschreibt für unseren Test weniger als einen falsch-negativen Befund auf 2000 Untersuchungen. In diesem Fall würde eine indizierte Rh-Prophylaxe nicht verabreicht. Alle falsch negativen Proben wurden vor der SSW 20 entnommen. Da der Anteil der fetalen DNA im Verlauf der Schwangerschaft ansteigt, ist ein Test ab einer späteren Schwangerschaftswoche als 11 + 0 grundsätzlich geeigneter, um einen falsch negativen Befund aufgrund zu geringer Menge an fetaler DNA auszuschließen. Zahlreiche Publika­tionen zeigen jedoch, dass für ein zuverlässiges Ergebnis bereits ab der 11+0 SSW aus­reichend fetale DNA im müt­terlichen Plasma vorliegt. Mit unserem Testverfahren werden die Proben in dreifachem Ansatz auf drei Exone des RHD-Gens (5, 7 und 10) untersucht. Dies reduziert das geringe Risiko, seltene, serologisch positive RHD-Varian­ten zu übersehen, noch weiter. Diese weitere Reduktion ist aus unserer Sicht sehr wichtig, da eine Sensibilisierung für die jeweilige Patientin bedeutet, dass sie bei erneutem Kinderwunsch und RhD-positivem Partner die ein mindestens 50%iges Risiko einer komplizierten Schwangerschaft hat.

Bei einem niedrigen Immunisierungsrisiko von 1-2 % zwischen der SSW 28 und der Entbindung (pro Schwangerschaft Rhesus-negativer Frauen mit RhD-positivem Feten), hält das IQWiG die standardmäßige Verabreichung der Rh-Prophylaxe sowie die gezielte Prophylaxe nach Testung hinsichtlich der Schutzwirkung für gleichwertig (IQWiG-Berichte – Nr. 607, Auftrag D16-01, Version 1.0 Stand: 20.03.2018, Grundlage für die Entscheidung des GBA).

Unabhängig vom Ergebnis der pränatalen Bestimmung ist postnatal – wie bisher – beim Neugeborenen die Blutgruppe serologisch aus dem Nabelschnurblut zu bestimmen.

Für Rückfragen steht Ihnen Herr Dr. Alkier unter der Telefonnummer 0711-6357-211 gerne zur Verfügung.

Untersuchungsauftrag / Bestellformular

Bitte den Untersuchungsauftrag nicht in der Größe anpassen sondern in tatsächlicher Größe ausdrucken

Patienteninfo

Literatur

  1. BAnz AT 23.11.2020 B3
  2. IQWiG-Bericht Nr. 607, Auftrag: D16-01, Version: 1.0, Stand: 20.03.2018
  3. Richtlinie Hämotherapie Gesamtnovelle 2017, Abschnitt 4.12.1.5
  4. Diagnostic performance of the noninvasive prenatal FetoGnost RhD assay for the prediction of the fetal RhD blood group status. Legler T, Archives of Gynecology and Obstetrics (2021)
  5. Schulze S. Frauenarzt 2020;12:815-817
  6. Eiben B. Frauenarzt 2021;3: 156-157